In den vergangenen Wochen haben wir über Klimaschutz in verschiedenen Lebensbereichen gesprochen: im Haushalt, unterwegs und beim Essen. Fehlt noch der letzte Bereich: Konsum. Bei der Produktion der Güter, die wir im Alltag gebrauchen, fallen jede Menge Treibhausgase an – nach Berechnung des Umweltbundesamtes fast 40 Prozent der Gesamtemissionen privater Haushalte. Wie reduziert man diese und wo sind die großen Stellschrauben?
Nachhaltiger Konsum: Nicht nur was, sondern auch wie viel
Nachhaltiger Konsum ist mittlerweile massentauglich geworden. In allen Kaufhäusern, Supermärkten, Online-Shops finden sich zahlreiche Produkte für umweltbewusste Verbraucher, und spezialisierte Boutiquen mit nachhaltiger Mode und Kosmetik findet man in fast jeder größeren Stadt. Online und mit Hilfe von Ratgeber-Apps lässt sich alles aufspüren, was zum grünen Leben dazu gehört. Das wird sich doch sicher in deutlich geringerer Klimabelastung widerspiegeln, oder?
Leider stellt das Umweltbundesamt fest, dass die konsumbezogenen CO2-Emissionen nicht sinken. Offensichtlich reicht es nicht, „grüne“ Alternativen zu kaufen, ohne die eigenen Konsumgewohnheiten kritisch zu hinterfragen. Die Studie des Bundesumweltamtes weist daher auch auf die Bedeutung eines suffizienten Lebensstils hin – auf Deutsch: weniger konsumieren. Darin tun wir uns aber schwer. Befeuert von der anhaltend positiven wirtschaftlichen Entwicklung, sitzt den Deutschen das Geld locker in der Tasche.
Gut die Hälfte des Geldes, das deutsche Verbraucher 2017 für privaten Konsum ausgegeben haben, ging für Wohnen, Energie, Mobilität und Nahrungsmittel drauf. Es blieben rund 45 Prozent für andere Bedürfnisse wie Kleidung, Einrichtung und Haushaltsgeräte, Freizeit und Kultur. Viel Potenzial für Klimaschutz und eine nachhaltige Lebensweise.
Does it spark joy? Weniger ist mehr
Hand aufs Herz: Wann haben Sie zuletzt etwas gekauft, das Sie nicht wirklich brauchen? Ein neues T-Shirt in der aktuellen Modefarbe. Einen Staubsaugerroboter, war gerade im Angebot. Oder das neue Handy-Modell, das gerade auf den Markt gekommen ist. Auch wenn es nicht viel kostet, hat Konsum seinen Preis. Jedes dieser Produkte hat bei der Herstellung Energie und Ressourcen verbraucht, Emissionen und Müll verursacht.
Ganz ohne kommt niemand aus, und Sachen gehen auch mal kaputt. Aus ökologischer Sicht ist es dennoch am besten, sich jede Anschaffung gut zu überlegen und nur das zu kaufen, was wirklich einen Nutzen hat. „Does it spark joy?“ fragt Aufräum-Coach Marie Condo in ihrer populären Netflix-Serie, bevor sie massenhaft Krempel aus den Schränken von Ratsuchenden räumt. Diese Frage sollte man sich auch stellen, bevor man ein Teil überhaupt mit nach Hause nimmt, wo es vielleicht nur herumliegt und zu „Krempel“ wird. Das Glücksgefühl nach dem Shopping vergeht ohnehin schnell – im Gegensatz zum Glücksrezept von Dr. Eckart von Hirschhausen.
Ist es erst mal gekauft, sollte man jedes Produkt so lange wie möglich nutzen. Eine Ausnahme sind große Elektrogeräte, die sehr viel Strom verbrauchen. Und wenn etwas kaputtgeht? Reparieren ist leider nicht selten teurer als neu kaufen. In vielen Städten organisieren Freiwillige deshalb Repair-Cafés, in denen Experten dabei helfen, kleine Reparaturen selbst durchzuführen. Das macht Spaß und man lernt noch etwas. Wem das zu anstrengend ist, der kann Elektrogeräte zumindest abgeben. Geschäfte für gebrauchte Geräte holen defekte Artikel meistens kostenlos ab und verhelfen ihnen zu einem neuen Leben oder verwerten Ersatzteile weiter. Zusätzlich spart es die Fahrt zum Schrottplatz.
Gebraucht kaufen, leihen, tauschen, selber machen
Zugegebenermaßen ist ein hyper-minimalistischer Lebensstil nicht für jeden das Richtige, und eine Auswahl im Kleiderschrank macht auch gute Laune. Das heißt aber nicht, dass alles, was man sich anschafft, frisch vom Fabrikband kommen muss. Bei Autos ist es üblich, gebraucht zu kaufen, zu mieten oder per App Carsharing zu nutzen. Warum nicht auch in anderen Lebensbereichen? Second-Hand-Shops haben schon lange ihr Schmuddel-Image gegen einen Hipster-Anstrich eingetauscht. Webseiten wie Kleiderkreisel und Mädchenflohmarkt machen die Suche nach getragenen Kleidungsstücken relativ einfach, und auf Designer-Flohmärkten gibt es auch Hochwertiges für wenig Geld. Auf eBay Kleinanzeigen findet man praktisch alles, was man gebrauchen kann, auch gebraucht. Speziell für Elektronik sind Plattformen wie reBuy oder buyZOXS eine gute Wahl. Gebrauchte Handys, Laptops und andere Geräte kommen mit Garantie und ohne Risiko.
Eigentlich muss man vieles auch gar nicht kaufen. Eine Bohrmaschine anschaffen, bloß weil man ein Regal an die Wand schrauben will? Wer stattdessen Freunde oder Nachbarn fragt, hat gleich noch einen Anlass zu einem kleinen Plausch oder für ein lang aufgeschobenes Wiedersehen. Im Trend sind auch Tauschparties, bei denen man Kleidung und Gegenstände mitbringt, die man nicht mehr braucht, und dafür andere Sachen mitnimmt. Angebote wie nebenan.de wollen es leicht machen, sich mit anderen Menschen in der Gegend zu verbinden und sowohl Nachbarschaftshilfe zu leisten als auch gemeinsamen Aktivitäten nachzugehen.
Zum Beispiel Sachen selbst machen: Viele Dinge sind gar nicht kompliziert selbst herzustellen. Man weiß sicher, was drin ist, hat etwas ganz Individuelles, und günstiger ist es meistens auch noch. Der Instagram-Account MAKE SMTHNG bietet vielfältige Inspirationen für DIY-Projekte: von selbstgezogenem Gemüse über kreative Einrichtungsgegenstände bis hin zu Upcycling-Mode aus alten Kleidungsstücken. Wer sich ein bisschen herausfordern will, kann sich zur MAKE SMTHNG-Challenge anmelden und sich jede Woche einer kleinen Aufgabe stellen.
Grüne alternativen für Alltagsprodukte
Wie sieht es aus mit Gebrauchsartikeln des Alltags? Shampoo kann man zwar nicht wiederverwenden, aber Produkte mit wenig umweltbelastenden Inhaltsstoffen wählen. Die meisten Drogeriemärkte führen bereits mikroplastikfreie, aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellte Kosmetika. Dabei ist nicht alles, was sich als „natürlich“ präsentiert, auch tatsächlich umweltfreundlich. Utopia hat eine Fülle an Testberichten und Empfehlungen. Vorsicht übrigens bei Siegeln: Wie aussagekräftig sie sind, hängt von den zugrunde liegenden Standards ab, und die variieren stark. Das Label Climatop zum Beispiel zeichnet zwar Produkte mit einer guten CO2-Bilanz aus – aber nur im Vergleich zu anderen Produkten in derselben Kategorie. Über die absoluten Umweltbelastungen und alternative Produkte erfährt man so wenig.
Neben dem Inhalt spielt aber auch die Verpackung eine Rolle. Tipp: statt flüssigem Duschgel und Shampoo mal Badeseife und festes Shampoo probieren. Beide kommen meist ohne Plastikverpackung aus und sind viel ergiebiger – das bedeutet, weniger Gewicht muss transportiert werden. Auch hier ist selber machen eine gute Alternative, besonders für Allergiker.
Manchmal ist der Weg zu mehr Nachhaltigkeit kein anderes Produkt, sondern ein anderes Verhalten. Essensreste? Tupperdose statt Plastikfolie. Durstig? Leitungswasser statt Getränke aus der Flasche. Langeweile? Ein Buch lesen statt Netflix streamen. Treffen mit Freunden? Selber kochen statt essen gehen. Mehr Vorschläge, wie man im Alltag nachhaltiger lebt, gibt das Portal Der Nachhaltige Warenkorb des Rates für Nachhaltige Entwicklung. Fazit: Es gibt viele Möglichkeiten und eine Menge zum Ausprobieren.
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