atmosfair steht Waldprojekten grundsätzlich positiv gegenüber. Wälder sind wichtig für den Klimaschutz, da sie pro Jahr beachtliche Mengen CO₂ aus der Luft aufnehmen und speichern. Ein Buchenwald auf einer Fläche von einem Hektar – etwa 1,5 Fußballfelder – nimmt jährlich ca. 12 Tonnen CO₂ auf [1]. Tropische Wälder speichern sogar deutlich mehr. Projekte, die bestehende Wälder schützen oder entwaldete Flächen aufforsten, können deshalb dem Klimaschutz dienlich sein.

Ein wichtiger Aspekt der Aufforstung ist die Mehrgewinnstrategie. Neben der Senkung der CO₂-Emissionen, sollte die Aufforstung zusätzlich zum Aufbau und Erhalt der Biodiversität der Region beitragen. Zusätzlich sollte die lokale Bevölkerung und Behörden in die Projekte einbezogen und die Waldschutzgebiete durch Agroforstwirtschaft betrieben werden, sodass die lokale Bevölkerung einen Nutzen davon trägt. Nur so entsteht eine Kooperation, die für alle Parteien, Klima, Natur und Mensch, von Vorteil ist.

Waldschutzprojekte und Kompensation

Waldprojekte über freiwillige CO₂-Kompensation zu finanzieren, hält atmosfair jedoch nicht für den richtigen Ansatz. Denn dabei bestehen die folgenden Risiken:

  • Keine Garantie der dauerhaften CO₂-Bindung (Permanenz)
    Das Problem der Dauerhaftigkeit (Permanenz) ist bei Waldprojekten ungelöst. Wenn der Wald abgeholzt wird oder aus anderen Gründen verschwindet (z.B. durch Schädlingsbefall), wird das gespeicherte CO₂ wieder freigesetzt. Das CO₂ ist also nur so lange gebunden, wie die aufgebaute Biomasse nicht zersetzt wird. Ein Wald muss mindestens 50, wenn nicht 100 Jahre bestehen, um eine nennenswerte Klimawirkung zu haben, da dann die Freisetzung einer beachtliche Menge CO₂ an die Atmosphäre verzögert wird.
  • Hohes Risiko für Nutzungskonflikte; und damit verbunden Leakage und unzureichende Wahrung von Menschenrechten
    Ferner ist das Leakage-Problem ungelöst: Wenn Akteure oder andere Ursachen für Abholzung durch ein Waldprojekt nur in andere Waldteile außerhalb der Grenzen des Waldprojektes verlagert werden, dann entstehen zwar einerseits CO₂-Zertifikate im Projekt, aber Wald wird dennoch anderswo abgeholzt. Zudem gibt es Beispiele, in denen es bei zertifizierten Waldprojekten mehrfach zu Menschenrechtsverletzungen kam. Ein Beispiel hierfür sind Vertreibungen im Kikonda Aufforstungsprojekt in Uganda, einem unter dem Gold Standard zertifizierten Projekt, über die 2016 unter anderem von der Journalistin Susanne Götze auf Spiegel online berichtet wurde.
  • Notwendigkeit der Vorabfinanzierung für CO₂-Kompensation können Projektfinanzierung gefährden
    Eine Vorabfinanzierung der Aufforstung ist notwendig, da die lokale Bevölkerung die Zahlungen sofort benötigt. Jedoch zahlt der Kunde so für einen Wald, der erst noch aufgeforstet werden muss. Wird der Wald zerstört, kann der Kunde trotzdem kommunizieren, dass er seine Emissionen kompensiert hat. Vorher oder nachher zu zahlen – beides ist daher schwierig.

Kein derzeit existierender Standard kann die Einhaltung von Menschenrechten und die Dauerhaftigkeit von Kompensationsprojekten garantieren [2]. Vielmehr ist nicht einmal das Fortbestehen heutiger Standards über einen Zeitraum von 50 Jahren gesichert. Über die Anforderungen bestehender Standards hinaus müssen daher folgende Minimalvoraussetzungen erfüllt werden: Das Waldschutzprojekt muss in nationale und regionale politische Abkommen, Programme und Maßnahmen eingebettet sein und der Projektbetreiber muss ein Fortbestand der projektbezogenen Waldflächen von mindestens 50 Jahren versichern.

Was tut atmosfair für den Waldschutz?

Aus Klimaschutzsicht sollte die Vermeidung von Treibhausgasemissionen die höchste Priorität haben. Können die Emissionen nicht vermieden werden, sollten alle Maßnahmen zur Reduktion ergriffen werden. Unvermeidbare Emissionen kompensiert atmosfair in seinen Klimaschutzprojekten. Aufforstung kann dann als zusätzliche Komponente zum Klimaschutz beitragen. Aus diesem Grund unterstützt atmosfair den Waldschutz indirekt durch den Ausbau von erneuerbaren Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz in Ländern des globalen Südens. Dies mindert den Druck auf die Wälder: Unsere Technologien, wie Biogasanlagen oder effiziente Öfen, vermindern den Holzverbrauch, z. B. beim Kochen, und wirken so einer der Hauptursachen für Entwaldung entgegen.

„Ich würde zu Verfügung stehendes Geld erst mal in Vermeidung und die Entwicklung neuer Technologien stecken, mit denen ich auch noch die letzte Tonne CO₂ vermeiden kann. Daneben kann ich gerne zusätzlich in Wiederaufforstung investieren,…“ – Prof. Dr. Karen Pittel, Leiterin ifo Zentrum für Energie, Klima und Ressourcen und Professorin für Volkswirtschaftslehre an der LMU München

Senkenprojekte

Neben Waldprojekten gibt es weitere Senkenprojekte, wie zum Beispiel die Wiederbenässung von Mooren, Landnutzungsveränderung oder naturbasierte Lösungen wie gesteigerte Verwitterung. atmosfair steht Senkenprojekten generell kritisch gegenüber. Uns ist wichtig anzuerkennen, dass das Potential natürlicher Senken endlich ist und dass die Umweltauswirkungen von Senken gut bedacht und erforscht werden sollten, ehe sich dafür entschieden wird, um keine Gleichgewichte zu stören.

“Zudem betreffen die meisten Zahlen dazu, wie viel CO₂-Minderung mit sogenannten Nature Based Solutions erreicht werden kann, nur die nächsten Dekaden. Danach tritt aber ein Sättigungseffekt ein. Jede Art von Renaturierung und Aufforstung hat faktisch irgendwann ein Ende.” – Dr. Astrid Schulz, Senior Scientist Klima und Energie, WBGU Berlin

Bei den allermeisten Senkenprojekten treffen die oben beschriebenen Probleme ebenfalls zu. Außerdem ist es wichtig, dass alle Emissionen, die durch ein Senkenprojekt entstehen auch korrekt erfasst und gegen die Senkenwirkung aufgerechnet werden. Dies ist bei bisherigen Zertifizierungsmöglichkeiten oft nicht der Fall.

Quellen / wichtige Veröffentlichungen

[1] Bundesinformationszentrum Landwirtschaft, https://www.landwirtschaft.de/landwirtschaft-verstehen/haetten-sies-gewusst/pflanzenbau/wie-viel-co2-binden-waelder

[2] Germanwatch e.V. (2016): A comparison of carbon market standards for REDD+ projects